Choose your Player. Spielwelten von Würfel bis Pixel
Zeppelin Museum Friedrichshafen | Friedrichshafen, Deutschland
Eskapismus, Erfolgsstreben, Exploration: Warum, wie oder in welchen Kontexten spielt der Mensch, wie wird er gespielt und wie werden Protagonist*innen in Spielen dargestellt? Die Ausstellung Choose your Player. Spielwelten von Würfel bis Pixel befasst sich im Zeppelin Museum Friedrichshafen mit dem Phänomen des Spiels als Kulturmedium zur Gegenwartsflucht und Immersion. Sie erforscht Spielräume von Identität, untersucht, wie Spiele Machtverhältnisse zwischen Propaganda, Krieg und Widerstand widerspiegeln sowie deren Beitrag zur Zukunftsgestaltung und Entstehung neuer Gemeinschaften. Zeppelinspiele aus der eigenen Techniksammlung vom frühen 20. Jahrhundert bis zur Gegenwart werden Werken zeitgenössischer Künstler*innen sowie Gamingklassikern von Spielbrett bis Konsole gegenübergestellt und kritisch eingeordnet.
Ganz im Stil von Rollenspielen entscheiden sich Besucher*innen für einen von fünf Charakteren – Entdecker*in, Wissenschaftler*in, Journalist*in, Hacker*in oder Kind – dessen Auswahl ihren Rundgang durch die Ausstellung beeinflusst. Neben dem individuellen Soloabenteuer stehen Diskurs, Immersion und natürlich das Spielen selbst im Fokus.
Das Spielen ist eine gestaltende Kraft der Kultur. Der Mensch spielt, weil es Spaß macht, um sich zu messen, um zu lernen oder um mit anderen zusammenzukommen. Spielen ist universell, Spiele sind vielfältig, anpassungsfähig und spiegeln gesellschaftliche Diskurse wider. Gamer*innen machen sich Spiele zunutze, schaffen innovative Gemeinschaften und kreative Inhalte.
Die Ausstellung Choose your Player.
Spielwelten von Würfel bis Pixel befasst sich unter den drei Leitthemen Zeppelin, Kunst und Gaming mit der gesellschaftspolitischen Relevanz von Spielen und reflektiert die Auswirkungen des Spielens in zahlreiche Lebensbereiche. Die Mechaniken und Spielprinzipien sind dabei vielfältig. Im Falle von Survival-Games, Gedulds- und Geschicklichkeitsspielen wie Getting Over It with Bennett Foddy oder Frost Punk verlangen sie von Spieler*innen eine hohe Frusttoleranz. Im e-sports-Klassiker Dota 2 sind Reflexe und strategische Fähigkeiten gefragt, beim Publikumserfolg des letzten Jahres Baldur’s Gate 3 ist bei hunderten Stunden Spielzeit wahre Ausdauer nötig. Bereits ab dem frühen 20. Jahrhundert nahmen Luftschiffe Einzug in Quartette, Würfel- und Brettspiele. Thematisch galten sie als neue, überragende Technologie, waren beliebtes Motiv oder Spielfigur in Kriegsspielen des Ersten Weltkriegs. Eine Faszination, die sich in heutigen massenmedialen Spielen ebenso wie in sogenannten Serious Games zeigt: Luftschiffe finden sich in Kriegs- und Widerstandsszenarien wie im Ego-Shooter Battlefield 1, in kontrafaktischen Szenarien wie in Wolfenstein oder im Rollenspiel Fallout 4. Im Serious Game Through the Darkest of Times koordinieren Spieler*innen eine Widerstandsgruppe im Dritten Reich, inklusive Mission auf dem Luftschiff LZ 129 Hindenburg. Spielen kann in Gesellschaft neu gedacht werden, man kann in andere Rollen schlüpfen, sich ausprobieren, neue Gemeinschaften und Modelle des Zusammenlebens entwickeln. In der Ausstellung werden Spiele mit Zeppelinbezug aus der Sammlung prägenden Video- und Konsolenspielen sowie immersiven zeitgenössischen künstlerischen Arbeiten gegenübergestellt.
Künstler*in LuYang lässt Besucher*innen mit NetiNeti Arcade in fantasievolle Spieluniversen eintauchen, die von Anime, Science-Fiction, Buddhismus und Neurowissenschaften inspiriert sind. Larry Achiampong hinterfragt Whitewashing, rassistische und geschlechtsspezifische Vorurteile in der Programmierung und Darstellung von Computer- und Konsolenspielen. Durch das Werk Where Do The Ants Go der Künstlerin Afrah Shafiq betreten Besucher*innen einen an die Spieloptik von Minecraft angelehnten Ameisenhügel, in dessen Inneren sich ein immersives Videospiel befindet. Mit dem Controller-Game Morphogenic Angels des Künstlerinnenkollektivs Keiken ist eine Zukunft erkundbar, in der Menschen durch organische Veränderungen transhumane Fähigkeiten erlangt haben. Let’s Plays nehmen Besucher*innen an die Hand, Spiele und ihre Mechanismen werden erklärt, Luftschiffe und Szenarien von Expert*innen der Zeppelinabteilung und der Gaming-Community kontextualisiert. In verschiedenen Nischen kann im Single- oder Mehrplayermodus auf großflächigen Projektionen, am PC, am Tablet, an Tischen und in der virtuellen Realität sitzend, stehend und tanzend gespielt werden. Originalexponate der Zeppelinsammlung ab dem frühen 20. Jahrhundert werden nicht nur ausgestellt, sondern als Faksimile erneut spielbar.
Künstler*innen: Larry Achiampong, Keiken, LuYang, Afrah Shafiq
Games (Auswahl): Airships – Northpole Quest, Anno 1800, A Normal Lost Phone, Battlefield 1, Celeste, Cloudage, Der Luftkrieg, Dota 2, Durch die Luft, Europa-Reise, Fallout 4, Frostpunk, Getting Over It with Bennett Foddy, Graf Zeppelins Weltreise, Green New Deal Simulator, Keep Talking and Nobody Explodes, Mario Kart, Portal, PowerWash Simulator, Roblox, Super Mario World, Terra Nil, Through the Darkest of Times, Unravel 2, Viewfinder, Wolfenstein, World of Warcraft, Zeppelin Attack, Zeppelin – Giants of the Sky
Kurator*innen: Claudia Emmert (Direktorin), Jürgen Bleibler (Leitung Abteilung Zeppelin), Mara Kölmel (Leitung Abteilung Kunst), Felix Banzhaf (Wissenschaftlicher Mitarbeiter Abteilung Zeppelin) und Stephanie Milling (Wissenschaftliche Mitarbeiterin Abteilung Kunst)
Mit Dank an: gamelab.berlin, Forschungs- und Entwicklungsplattform der Humboldt-Universität zu Berlin, die das Zeppelin Museum Friedrichshafen inhaltlich beraten hat und Orkenspalter TV, die die Soloabenteuer für die Ausstellung entwickelt haben.
88045, Deutschland